Berlin-Dossier, Extra

Die Lunte am Pulverfass Naher Osten brennt seit dem Morgen des 7. Oktober, als die radikal-islamistischen Terroristen von der Hamas auf barbarische Weise ihre menschenverachtenden Blutorgien gegen Israel gestartet haben, lichterloh und nähert sich jetzt gefährlich dem hochexplosiven Gemisch, das sich da seit Jahren, ja Jahrzehnten zusammengebraut hat. Jedenfalls ist die Gefahr eines multinationalen Flächenbrandes in der Region so groß wie nie zuvor, zumal palästinensische Terrorgruppen auch im Norden Israels in unverantwortlicher Art und Weise zündeln.

Insofern ist es nicht zu verstehen, dass sich offenbar nicht nur Israels Geheimdienste und Militärs haben derart überrumpeln lassen, sondern auch die entsprechenden Einrichtungen anderer Länder wie der USA, Großbritannien, Frankreich oder Bundesrepublik im kollektiven Tiefschlaf gewesen sein müssen. Vergleiche mit dem Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941, dem Beginn des Jom-Kippur-Krieges am 6. Oktober 1973 oder den Anschlägen vom 11. September 2001 machen bereits die Runde. Insofern dürfte die Aufklärung dieses totalen Versagens ausgesprochen interessant werden, tritt aber angesichts täglich neuer Horrormeldungen erst einmal zurück.

Denn die Blutspur, die die Hamas-Schlächter vom Gaza-Streifen aus nach Israel hinein gezogen haben, wird jeden Tag sichtbarer und ist dabei unbeschreiblich. Ganze Familien wurden in ihren Häusern bestialisch niedergemetzelt, Frauen und Mädchen brutalst vergewaltigt, ja sogar Babys enthauptet, Geiseln nach Gaza verschleppt. Die Zahl der Toten und Verletzten auf israelischer Seite wächst von Tag zu Tag und hat die Tausender-Grenze längst überschritten. Da verschlägt es einem die Sprache, wenn der palästinensische Gesandte bei den Vereinten Nationen die israelische Antwort auf diesen blanken Terror, der mit der Bombardierung von Hamas-Stellungen im Gazastreifen und der Blockade der von der Hamas kontrollierten palästinensischen Enklave in dieser Form so erwartbar war und gewiss auch vertretbar ist, als „nichts weniger als Völkermord“ bezeichnet. Dieser plumpe Versuch einer Täter-Opfer-Umkehr ändert allerdings nichts daran, dass die Hamas-Schergen eine Brutalität gegen Juden an den Tag gelegt haben, wie es sie seit dem Zivilisationsbruch des Holocaust nicht mehr gegeben hat.

Womit wir auch schon bei den Auswirkungen auf die deutsche Politik angekommen wären, für die die Sicherheit Israels seit 1949, der Gründung der Bundesrepublik, Staatsräson ist. Das hat Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner ersten Reaktion auf den hinterhältigen Überfall noch einmal betont und versichert, dass Deutschland fest und unverbrüchlich an der Seite Israels steht. Bemerkenswert allerdings war, was Scholz da nicht gesagt hat. Jedenfalls wartete man auf einen einen Satz wie, „Israel erhält jede Unterstützung, die es will und braucht“, vergebens.

Insofern war es gut, wenn auch überfällig, dass der Kanzler dies bei seiner Regierungserklärung am Donnerstag nachgeholt hat. Noch besser war, dass der Bundestag diese Zusage mit einem Beschluss einstimmig untermauert hat, in dem es heißt: „Israels Existenzrecht und Sicherheit sind für die Mitglieder des Deutschen Bundestags nicht verhandelbar. Dementsprechend muss Deutschland auf der Grundlage des Völkerrechts Israel alles Notwendige und Erwünschte zur Verfügung stellen, was es für die Verteidigung braucht.“ Ebenso gut und auch notwendig war es, klar Stellung gegen die völlig inakzeptablen Jubelfeiern von Hamas-Anhängern auf deutschen Straßen zu beziehen. Jedenfalls darf es der Rechtsstaat nicht zulassen, wenn Fanatiker die Grundrechte der Bürger dieses Landes missbrauchen, um schamlos ihrem Antisemitismus freien Lauf zu lassen.

Doch den klaren Worten müssen jetzt aber auch Taten folgen, wobei die Sicherheit des Landes Israel an erster Stelle steht. Denkbar ist diesbezüglich einiges. Denn geeignete Bundeswehreinheiten sind in der Region durchaus präsent: Die Luftwaffe mit Flugzeugen in Jordanien, die Marine mit Schiffen im Mittelmeer. Benötigtes Material ließe sich wohl schnell nach Israel verfrachten. Und was man selbst auf dem diplomatischen Parkett mit Geld so alles machen kann, wissen wir spätestens seit der Zeit, als Hans-Dietrich Genscher deutscher Außenminister war.

Und wo wir gerade beim Geld sind: Hunderte von Millionen Euro sind in den vergangenen Jahren aus Deutschland an die Palästinenser geflossen. Im Bundeshaushalt für 2024 sind 350 Millionen Euro eingeplant. Auch wenn das Geld für humanitäre Hilfe, Infrastrukturprojekte und Bildung vorgesehen ist, sollte man bei der jetzt angekündigten Überprüfung nicht außer acht lassen, dass diese humanitäre Hilfe ja nur notwendig ist, weil die palästinensische Verwaltung – trotz vieler Millionen an Finanzhilfen aus aller Welt – nicht mehr für ihre Bevölkerung getan hat, die Infrastruktur eher unter Terrorgesichtspunkten ertüchtigt wurde und in Schulbüchern weiter die Vernichtung Israels propagiert wird, von den üppigen Renten für Hinterbliebene von Selbstmordattentätern ganz zu schweigen.

Im Gaza-Streifen, mit 365 Quadratkilometern nicht einmal halb so groß wie Hamburg, leben rund zwei Millionen Menschen. Das Gebiet ist seit 2005 unabhängig und wird seit 2007 von der Hamas kontrolliert. Dass es nach 16 Jahren als „Gefängnis unter freiem Himmel“ bezeichnet wird, verdanken die Bewohner des Gaza-Streifens nicht Israel, sondern der Hamas, die wie die libanesische Hisbollah-Miliz, der Islamische Dschihad oder die Volksfront zur Befreiung Palästinas nur die Auslöschung Israels und aller Juden im Sinn haben. Rückendeckung und Unterstützung erfahren sie dabei durch den Iran, dessen religiöser Wahn sich gegen alle Ungläubigen auf der Welt richtet, also auch gegen Christen, Hindus und Buddhisten.

Insofern war es zwar ein kleiner Hoffnungsschimmer, der da durch die kurz vor dem Abschluss stehenden Verhandlungen zwischen Israel und Saudi Arabien über ein „neues Zeitalter des Friedens“ aufflackerte. Aber von Frieden ist jetzt nicht mehr die Rede. Der Krieg ist wieder Realität. Und die Zwei-Staaten-Lösung, die Optimisten in so greifbarer Nähe sahen, ist erst einmal in weiter Ferne. Dass der Iran – trotz aller Dementis – seine Hände im Spiel hatte, davon darf man ausgehen.

Wie geht es weiter? Das ist schwer zu sagen. Sicherlich werden jetzt erst einmal, so bedauerlich das auch ist, für längere Zeit die Waffen sprechen. Am Ende wird man dann sehen, welches Porzellan zerschlagen ist, und welches nicht. Unabhängig davon oder gerade deswegen sollte für uns Deutsche aber außer Frage stehen: An Israels legitimen Recht auf Selbstverteidigung wird nicht gerüttelt.

Von Detlef Untermann

Detlef Untermann ist ein deutscher Journalist und Kommunikationsmanager, der auf eine über 40-jährige Erfahrung im Medien- und PR-Bereich zurückblicken kann. Mehr unter "Über den Autor" auf dieser Webseite und auf Wikipedia.

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