Die Welt ist aus den Fugen. Der brutale russische Angriffskrieg gegen die Ukraine geht mittlerweile ins dritte Jahr. Das hochexplosive Pulverfass Naher Osten droht nun endgültig in die Luft zu fliegen. Auf dem afrikanischen Kontinent wird es in diesem Jahr in zahlreichen Staaten noch humanitäre Katastrophen ungeahnten Ausmaßes geben. In den USA hat die Präsidentschaftswahl mit dem Sieger Donald Trump einen Ausgang erfahren, deren Auswirkungen insbesondere auf Europa noch nicht einmal ansatzweise absehbar sind. Auf dem alten Kontinent kämpfen derweil die Regierungen in ihren jeweiligen Ländern mit der Migrationskrise und die Europäische Union mit einer Identitäts- und Legitimationskrise. Und als wäre das alles nicht genug, fliegt die Ampel-Bundesregierung in einer Art und Weise auseinander, dass man sich nur noch kopfschüttelnd fragt: Geht’s noch.
Dabei macht vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz eine besonders unrühmliche Figur. Jedenfalls hat der ansonsten so hanseatisch-zurückhaltende Sozialdemokrat gegen seinen vom ihm geschassten Finanzminister Christian Lindner derart rüpelhaft nachgetreten, dass viele Beobachter sich nur noch ungläubig die Augen gerieben haben und damit das Verhältnis zu den Freien Demokraten wohl auf ziemlich lange Zeit zerrüttet sein dürfte.
Doch das ist noch nicht alles. Scholz eiert bei der Vertrauensfrage derart herum, dass man mittlerweile alles für möglich hält. Besonders pikant in diesem Zusammenhang ist, dass Scholz das Heft des Handelns völlig aus der Hand gegeben hat und nunmehr die Vorsitzenden der SPD- und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion über den Termin entscheiden sollen, wann der Bundeskanzler im Deutschen Bundestag die Vertrauensfrage stellt und damit den Weg für Neuwahlen frei macht.
Bis die dann tatsächlich stattfinden, wird nicht nur viel Wasser die Spree herunterfließen, sondern wohl auch noch jede Menge Schulden gemacht. Auf jeden Fall hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der ja die Grünen als Kanzlerkandidat in den anstehenden Wahlkampf führen will, aktuell schon mal ein schuldenfinanziertes Sondervermögen für die Bundeswehr gefordert, als wenn es keine Schuldenbremse gebe. Aber die in Artikel 115 des Grundgesetzes festgeschrieben Bremse scheint ja mit Ausnahme des ehemaligen Bundesfinanzminister ohnehin niemanden zu interessieren. Auch der Bundeskanzler will ungeachtet der Schuldenbremse die Hilfe für die Ukraine auf Pump finanzieren, obwohl dieser Krieg mittlerweile alles andere als unvorhergesehen ist.
Obwohl das Ampel-Ende noch nicht einmal eine Woche alt ist, wird jetzt schon sichtbar, was alles passiert wäre, wenn es Lindner und seine Freien Demokraten in der Regierung nicht gegeben hätte. SPD und Grüne hätten – mit wem auch immer – Schulden gemacht, als wenn es kein Morgen gäbe, und damit den Handlungsspielraum für künftige Generationen noch weiter eingeengt – von den anderen politischen und ökonomischen Querschlägern wie z.B. Habecks Heizungsgesetz oder Heils Rentenpläne einmal ganz abgesehen. Insofern ist es jetzt an den Wählern, eine Entscheidung zu treffen: Wirtschaftliche Vernunft oder populistische Sozialromantik.
Dabei sollte jedem klar sein, dass sich unsere Wirtschaft in einem total desolaten Zustand befindet und nicht mehr das erwirtschaften kann, was Scholz, Habeck & Co. so großzügig verteilen wollen – ein Tor, wer Böses dabei denkt und hier einen Zusammenhang mit der anstehenden Bundestagswahl sieht. Und nicht nur die Lage der Wirtschaft ist verheerend. Infrastruktur, Energiesektor, Bildung – um nur drei Bereiche zu nennen – stehen unter enormem Reformbedarf und Handlungsdruck.
Wie schlimm es um Deutschland tatsächlich bestellt ist, zeigt der Brief der Bundeswahlleiterin Ruth Brand an den Bundeskanzler, in dem diese vor den „Herausforderungen und Risiken einer vorgezogenen Neuwahl im Januar bzw. Februar 2025“ warnt. Wörtlich heißt es dort u.a.: „Eine vorgezogene Wahl im Falle der Auflösung des Deutschen Bundestages wird grundsätzlich wie eine ‚reguläre‘ Bundestagswahl – nur mit verkürzten Fristen – vorbereitet und durchgeführt. Dies stellt für die beteiligten Stellen, wie Wahlorgane, Länder und Gemeinden aufgrund des begrenzten zeitlichen Rahmens eine große organisatorische Herausforderung dar.“ An anderer Stelle geht es weiter: „Überdies sind die Aufwände der Beschaffung der Wahlunterlagen aufgrund der aktuellen Marktlage nicht zu vernachlässigen. Hierbei ist insbesondere in den letzten Jahren die Beschaffung von Papier und die Beauftragung geeigneter Druckdienstleister zunehmend erschwert und mit längerem Vorlauf verbunden.“ Etwas weiter: „Soweit Termine und Fristen in die Weihnachtszeit oder in den Zeitraum zwischen den Jahren fallen würden, wäre der nur sehr knappe Zeitraum von 60 Tagen maßgeblich verkürzt. Dies könnte zu unabwägbaren Risiken auf allen Ebenen, insbesondere auf Gemeindeebene, führen und Beschaffungsmaßnahmen faktisch kaum realisierbar machen.“ Und nicht zuletzt: „Zudem ist zu befürchten, dass nicht nur in einzelnen Wahlbezirken, sondern in größerem Ausmaß, durch fehlende Wahlunterlagen oder unzureichend geschulte Wahlvorstände eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl gegebenenfalls nicht hinreichend gewährleistet werden kann.“
Wie sehr sich Deutschland damit lächerlich gemacht hat, zeigen die Reaktionen. Während die Neue Zürcher Zeitung lediglich die Überschrift „Zu wenig Papier für Neuwahlen?“ gewählt hat, sorgen die Bedenken der Bundeswahlleiterin in unserem Nachbarland Polen für Spott und Häme. „Wenn Deutschland Drucker und Papier braucht, werden wir beides auf jeden Fall an unsere Nachbarn verkaufen“, verkündete Dariusz Joński, Europaabgeordneter der Mitte-Links Partei „Inicjatywa Polska“.
Schönen Dank auch, Olaf Scholz, möchte man sagen. Immerhin hat der bei seiner Vereidigung als Bundeskanzler geschworen: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“ Wenn man das als Maßstab nimmt, kann es nur eine Beurteilung seiner Amtszeit geben: „Er war stets bemüht …“
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